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Zweite Tagung Deutsche Polenforschung

Die Zweite Tagung Deutsche Polenforschung fand vom 22. bis 24. September 2011 in Mainz statt. Das Rahmenthema lautete: "Polen – die Mitte Europas. Konstruktion – Kommunikation – Kooperation"

Veranstalter: Deutsches Polen-Institut und Johannes Gutenberg-Universität Mainz in Zusammenarbeit mit: Gießener Zentrum Östliches Europa / Universität Gießen und Herder-Institut Marburg. Projektpartner: Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung

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Kurzbericht zur Tagung

„Polen – die Mitte Europas. Konstruktion – Kommunikation – Kooperation“ lautete das Rahmenthema der Zweiten Tagung Deutsche Polenforschung, die das Deutsche Polen-Institut Darmstadt gemeinsam mit der Johannes Gutenberg-Universität Mainz vom 22. bis 24. September 2011 in Mainz veranstaltete. Weit mehr als 200 deutschsprachige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kamen zusammen, um zu berichten und zu erfahren, was in Disziplinen wie Sprach- und Literaturwissenschaft, Geschichte und Soziologie, Ethnologie oder Kunstgeschichte derzeit zu Polen und den deutsch-polnischen Beziehungen geforscht wird.
Vielfach handelte es sich dabei um „polnische Lektionen“: Der Schriftsteller Martin Pollack hatte in seinem Festvortrag bei der Tagungseröffnung im Mainzer Landtag seinen persönlichen Weg zu Polen rekonstruiert, nicht frei von selbstkritischer Betrachtung seiner Jugend in der österreichischen Provinz: „Alle Geschichten müssen erzählt, keine Tragödie darf verschwiegen werden, ohne jedoch das Unrecht der einen Seite gegen die Leiden der anderen aufzurechnen. Unser Ziel muss es sein, den Anderen zu verstehen und ihn so zu akzeptieren, wie er ist, mit der ganzen Last seiner Geschichte.“
Eine Aufarbeitung von Geschichte führt zu Geschichten, zu Konstruktionen und Dekonstruktionen, zu Kommunikation und zu Kooperation. Auf das Rahmenthema der Tagung bezogen hatten die Tagungsorganisatoren gefragt: „Wie fand und findet Kommunikation zwischen Polen und dem Rest Europas statt, wie wanderten Vorstellungen und Menschen, wie war und ist Polen eingebunden in die Allianzen und Netzwerke des Kontinents? Wie europäisch ist Polen eigentlich? Und wie polnisch ist Europa?“
Begrüßt von Doris Ahnen, Staatsministerin für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur des Landes Rheinland-Pfalz, und zahlreichen weiteren Rednern, bereiteten sich die Tagungsteilnehmer/innen auf intensive Sitzungstage vor: In neun Sektionen ging es um Themenkomplexe wie „Internationalisierung: Kommunikation als Konstruktion von Internationalität“, „Kommunikation über Grenzen“, „Polnische transnationale Akteure im 19. und 20. Jahrhundert“ oder „Polen und ‚der Osten’“. In einer Sektion mit Projektkurzvorstellungen hatten rund 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Gelegenheit, ihre aktuellen Arbeitsvorhaben kurz im Plenum zu präsentieren.
Ein abendliches Journalistengespräch „Polen vor den Wahlen“ bot Erholung von der „reinen“ Wissenschaft: Moderiert von Manfred Sapper, Chefredakteur der Zeitschrift Osteuropa, diskutierten Piotr Buras (Gazeta Wyborcza), Gerhard Gnauck (Die Welt) und Stefan Dietrich (FAZ) die Lage in Polen kurz vor den Parlamentswahlen: Sie zeichneten das Bild eines im Grunde erfolgreichen Landes, dessen Regierungsparteien letztlich aufgrund ihres Unvermögens, Erfolge dem Wahlvolk emotional zu „verkaufen“ noch einmal zittern müssen. Im Vergleich mit Stefan Dietrichs Polen-Erfahrungen um 1990 zeigte sich jedoch auch, wie schwierig es in Polen ist, bürgerschaftliches Engagement kontinuierlich aufrechtzuerhalten.
Verschiedene kleinere Diskussionen, etwa über die Rolle der jüdischen Geschichte in der Polenforschung, Buchvorstellungen sowie Präsentationen zahlreicher Verlage und Institutionen rundeten das Programm ab. Als am Ende der Tagung eine Bilanz gezogen wurde, stand eines nicht mehr in Frage: Noch zur Ersten Tagung Deutsche Polenforschung 2009 in Darmstadt klang vereinzelt Skepsis an, ob eine Tagung zur deutschsprachigen Polenforschung sinnvoll sei. Doch zeigte schon damals dass ein Zusammentreffen der Polenspezialisten unter den Wissenschaftlern ein ganz neues „Wir-Gefühl“ erzeugt. Und so wurde diesmal nur noch diskutiert, wann und wo eine dritte Tagung stattfinden sollte. Voraussichtlich im Frühjahr 2014 werden sich die Polenforscherinnen und -forscher deshalb wieder treffen, an einem demnächst festzulegenden Ort.

Ausführlicher Kongressbericht auf H-Soz-u-Kult